Praxis für identitätsorientierte Traumatherapie (IoPT)

Emotionale und somatische Prozesse

Dr. Matthias R. Misch

Beziehungs­konflikte

Jeder Mensch interpretiert das, was er täglich erlebt aus seinem Blickwinkel, mit seiner eigenen „Brille“ der Wirklichkeit. Wie wir Menschen und ihre Verhaltensweisen bewerten und wie wir Situationen einstufen, denen wir im Alltag begegnen, wurde im Laufe unseres Lebens erworben oder von unseren Eltern oder anderen Bezugspersonen übernommen. Wir sind durch unsere ganz individuelle Biographie geprägt und meinen oft, unsere Sichtweise sei die einzige Realität.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass es in einer Partner-Beziehung schnell zu Missverständnissen kommen kann. Dieselben Begebenheiten, Verhaltensweisen, Worte, Gesten oder auch einfach ein Schweigen werden völlig unterschiedlich gedeutet. Dies führt zwangsläufig zu Auseinander-Setzungen im wörtlichen Sinne.

Eine andere häufige Konfliktursache zeigt sich darin, dass bestimmte Bedürfnisse des Partners nicht ausreichend berücksichtigt werden, da sie zu eigenen Konflikten oder Ängsten führen (Triggern) oder weil man mit eigenen Problemen ständig beschäftigt ist und keine Kraft für den Anderen übrig bleibt. Dies führt immer wieder, trotz wiederholten Partner-Gesprächen, zu ständig wiederkehrenden Verhaltensschleifen. Man kreist immer um dieselben Probleme bis man nicht mehr kann, bis man resigniert. Dann bleibt nur noch der innere Rückzug oder die Trennung.

Die eigene Vergangenheit, vor allem das, was man als Kind erlebte, kann gegenwärtige Beziehungen sehr schwierig gestalten, da wir in der Kindheit bestimmte Beziehungsmuster erlernten. Z.B. wenn ein Kind von seinen Eltern zu wenig Geborgenheit und Zuwendung, d.h. zu wenig Liebe erhielt, so dass seine Bedürfnisse nicht in ausreichendem Maße befriedigt wurden, dann kann es sein, dass derjenige auch als Erwachsener, häufig emotionalen Hunger fühlt, der selten gestillt werden kann. Er ist in diesem Fall in der Gefahr, in den auf die Elternbeziehung folgenden Beziehungen, insbesondere einer Liebesbeziehung oder in der Beziehung zum eigenen Kind eine unbewusste, destruktive Abhängigkeit (destruktive Symbiose) zu entwickeln die Beziehungskonflikte vorprogrammiert. Denn der Partner oder das Kind sind mit diesem infantilen (kindlichem) Verlangen überfordert. Dem Betroffenen muss dies selbst gar nicht bewusst sein, d.h. es kann sein, dass er sein Verhalten nicht bemerkt oder völlig anders interpretiert.

Gefangen in dieser unbewussten destruktiven Symbiose unterliegt ein Mensch der Illusion, die bei den Eltern entbehrte Liebe und Geborgenheit in einer tiefen Beziehung mit einem anderen Menschen nachholen zu können. Dieser Mensch gibt sich auf und definiert sich i.d.R. über den Anderen und seine Gefühle. Es geht ihm um ein Verschmelzen mit dem Anderen, eine perfekte Beziehung, eine „Heimat im Anderen“ zu finden.

Auch die Suche nach einem „Traumpartner“ wie es viele Märchen illustrieren, kann ihre Ursache in ungestilltem kindlichem Verlangen haben, denn diesem Ideal kann kein Beziehungs-Partner gerecht werden. Ein derartiges Beziehungsmuster kann nur zwischen Eltern und ihrem Säugling gelebt werden, der ohne Gegenleistung die Liebe der Eltern empfängt und deshalb nur Nehmender ist.

Mit dem Hintergrund dieser emotionalen Prägung wird das unbefriedigte Erleben der Kindheit im Erwachsenenalter immer wieder neu und zwar ahnungslos inszeniert, um zu einer Bedürfnis-Befriedigung zu gelangen, die man jedoch auf diese Weise nicht finden kann. Sich häufig wiederholende Erfahrungen dieser Art verstärken durch unbewusste, verfestigende Überzeugungen dieses kindliche seelische Trauma und vertiefen damit den Konflikt. [1]

Durch die von mir begleiteten, visuell unterstützten, emotionalen Trauma-Begegnungen mit den uns in unserer Biographie prägenden Beziehungspersonen und entsprechenden formenden Erlebnissen, können Hintergründe von Konflikten und körperlichen Leiden verstanden und Wege aus dem Teufelskreis der festgefahrenen Beziehungsmuster gefunden werden.

Trauma Begegnungen sind auch in einer professionellen Begleitung schmerzhaft, wenn man das Wiedererleben zulässt, sich darauf einlässt. Jedoch ist es besser Traumata begleitet zu begegnen, denn ein Wiedererleben, das sogenannte Triggern, erleben wir sonst unverhofft, zu irgendeinem unpassenden Moment in unserem Alltag. Dann ist jedoch wahrscheinlich gerade keine professionelle Hilfe zur Verfügung. Demzufolge kann zu diesem Zeitpunkt das Wiedererleben uns völlig „aus der Bahn“ werfen, „überschwemmen“ und eine weitere traumatische, Angst machende Erfahrung sein und damit das bestehende Trauma verstärken.

In dem von mir begleiteten Trauma-Begegnungs-Prozess hat der oder die Hilfesuchende jederzeit die Möglichkeit, wenn erforderlich mit meiner Unterstützung, aus dem Trauma-Erleben auszusteigen.

Durch die Praxis der Bearbeitung eines einzigen „Anliegens“ zu einer Sitzung, d.h. eines Trauma- oder Problem-Segments wird das problematische Wiedererleben eines Traumas begrenzt. Der bzw. die Hilfesuchende erlebt sozusagen portionsweise das zugrunde liegende Trauma.

Dieses psychologische Verfahren wurde von Professor Franz Ruppert entwickelt. Er bezeichnet es als Trauma- oder System-Aufstellung. Diese grenzen sich jedoch deutlich gegenüber klassischen Aufstellungen nach Hellinger ab. [2]

Weiterhin werden andere psychologische Verfahren und seelsorgerische Techniken, je nach Erfordernis, angewandt

Wenn du selbst mit dir und deinem Leben zufriedener bist, wenn du dich auch ohne einen Partner am Leben erfreuen und glücklich sein kannst, wenn deine Lebensfreude nicht von einem Partner abhängig ist, dann wird sich das Verhältnis zu ihm und den Menschen in deiner Umgebung verändern. Deshalb ist es befreiend, sich zu dieser Veränderung auf den Weg zu begeben.

[1]Preisendörfer, Pamela, Glaubenssätze Überzeugungen & Co., Oberstdorf 2009, S. 24ff.
[2]Siehe: Ruppert, Franz, Symbiose und Autonomie, Stuttgart 2010.